Apropos Ankunft … Tief versunken in meiner Adventskranzandächtigkeit fahre ich plötzlich kerzengerade hoch, als mir einfällt, dass ich doch heute dafür zuständig bin, den Gastprediger vom Bahnhof abzuholen! Ach du lieber Lebkuchenstreusel! Ich schlüpfe in Mantel und Gummistiefel (das Erstbeste, das ohne Schnürung zu betreten ist) und düse Richtung Haupt- bahnhof.
Meine Scheibenwischer geben durch den Schneefall hindurch den Blick frei auf einen untersetzten Mann mit Hut, der unter dem Arm eine ausgefranste Aktentasche trägt und dessen seliges Lächeln sich in der letzten halben Stunde in ein mürrisches Matschgesicht verwandelt hat …, welches nun ganz mir gilt.
Besänftigend und voller Reue schlittere ich auf ihn zu, hake ihn unter und mache ihn mit meinem Beförderungsmittel bekannt. Während der Fahrt blättert er ungehalten in seinen Predigtnotizen und grummelt irgendwas von „… wir dürfen die Ankunft nicht verpassen …“. Diese Botschaft erreicht mich umgehend und ich versinke umso reumütiger in meinen Fahrersitz.
Als er an seinem Handy rumnestelt, um der Gemeinde seine Verspätung kundzutun, meine ich sogar ein „Siehe, ich komme bald“ vernommen zu haben. Jedenfalls „sollen die schon mal anfangen zu singen!“. Ich gerate immer mehr unter Druck, alle adventliche Besinnlichkeit ist dahin und der wichtige Auftrag meines Wanderpredigers ist ebenfalls gefährdet.
Als mein entzündetes Auge die Tankanzeige aufleuchten sieht, „lamettat“ mich gar nichts mehr. Mit einem entzückenden Stottern kommt meine kleine Karre zum Stillstand. Mir ist zum Heulen. Der Prediger atmet tief durch, legt das Handy zurück in seine Tasche, lehnt sich zurück und meint: „Wenigstens ist Gott nie zu spät! Er predigt eh besser als ich. Komm, lass uns einen Kaffee trinken gehen!“
In diesem Sinne: Einen entspannten Advent!
Eure Heiligunde